05.10.2019 09:01
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Carl Friedrich de Boor (1842-1888)

Friedrich de Boor (1842-1888)
      Wilhelm
de Boor
1807-1844
oo Caroline
Schwartze
1818-1900
     
        |        
                              Wilhelm

1840-1842
Friedrich
de Boor

1842-1888
Gustav

1843-1844
                                 
                 
                 
Carl Friedrich de Boor, * 20.04.1842 in Hamburg, † 05.03.1888 ebd., Dr. jur., Advokat und Richter. Sohn des Juristen Wilhelm de Boor und der Caroline, geb. Schwartze. Mitglied der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg.

Friedrich de Boor kam 1842 als Sohn des Juristen Wilhelm de Boor und der Caroline, geb. Schwartze zur Welt. Innerhalb von zwei Jahren musste die Mutter den Tod ihres Mannes und zweier Kinder hinnehmen, als 1853 auch ihr Schwager starb, zog sie mit dem Jungen in das kinderreiche Haus ihrer Schwester am St. Georgskirchhof. Ab 1857 besuchte Friedrich de Boor die Gelehrtenschule des Johanneums[1], die er 1862 mit der Maturitäts-Prüfung verließ und anschließend ein Studium der Jurisprudenz in Bonn begann[2]. Im April 1863 ging er nach Heidelberg[3] und anschließend nach Göttingen, wo er - während des Decanats des Geh. Justizraths Wilhelm Francke - am 08. August 1865 promovierte[4] (vere laudabilia) und sich fortan als Advocat in seiner Heimatstadt[5] niederließ.

Die nächsten 10 Jahre praktizierte er als angesehener Rechtsanwalt, bis er im Dezember 1875 zum Richter[6] am Niedergericht gewählt wurde und seine Advocatur aufgab. Als Mitglied des Niedergerichts zog er gleichzeitig in die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ein, in der er bis 1878 das Amt des Schriftführers inne hatte.[7] Anschließend beantragte er beim Senat seine Entlassung aus dem Armen-Collegium der Allgemeinen Armenanstalt, da er die Auffassung vertrat, dass die Pflichten eines Armen-Vorstehers mit der Tätigkeit eines Untersuchungsrichters zeitlich nicht zu vereinbaren sei.[8] Die Mitgliedschaft in der Medicinal-Deputation, die Wahl zum Schulpfleger im vierten Bezirk, oder das später übernommene Amt des Kirchenvorstehers (Hauptkirche St. Michaelis) waren davon nicht berührt. Im Oktober 1879 erfolgte die Anstellung als Richter am Landgericht[9], wo er bis 1885 tätig war.

Sein Ansehen nahm jedoch zusehends Schaden, nachdem die Folgen seines Lebenswandels nicht mehr zu verheimlichen waren und schließlich zum Verbrechen führten. Er unterschlug mehr als ½ Million ihm anvertraute Gelder und wurde nur durch Eintreten von Verwandten und Freunden, hauptsächlich durch die edle Freundschaft des Hauptgeschädigten vor dem Richthause bewahrt.[10] Härter traf es allerdings ein Cousin, der den Verlust seines gesamten Vermögens verkraften musste.[11]

1888 starb Friedrich de Boor, kaum 46 Jahre alt, an den Folgen einer schweren Krankheit.
 
 
 
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[1] Bibliotheca Johannei, Schülerverzeichnis des Hamburgischen Johanneums aus dem Jahr 1857; Eintrag Nr. 3520 (2998).
[2] Schulnachrichten der Gelehrtenschule des Johanneums, Hamburg 1862.
[3] Die Matrikel der Universität Heidelberg. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/matrikel1846/0466.
[4] "Verzeichniss der in der juristischen Facultät vorgekommenen ordentlichen Promotionen". Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-Augusts-Universität aus dem Jahr 1867.
[5] Hamburgisches Adress-Buch für 1865. In Hamburg bezog er eine Wohnung in der großen Bleichen No. 9.
[6] Staatsarchiv Hamburg (StA Hbg), 241-2_P 392 Boor, Carl Friedrich, Dr.; Personalakte der Justizverwaltung.
[7] Hamburgischer Staats-Kalender 1875-78.
[8] Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft, Antrag betreffend Entlassung des Herrn Dr. Carl Friedrich de Boor aus dem Armen-Collegium. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft. 15. März 1876.
[9] Staatsarchiv Hamburg (StA Hbg), 241-2_P 392 Boor, Carl Friedrich, Dr.; Personalakte der Justizverwaltung.
[10] Familienarchiv de Boor, Auszug aus dem Stammbuch des Albert de Boor. Blatt II 1 A Nr. 2 Carl Friedrich de Boor.
[11] Nachdem Cousin Carl de Boor die Mitteilung erhalten hatte, notierte er: "...eingeschriebene Briefe bringen immer unheilvolle Nachrichten, diesmal war es die Unglücksbotschaft, daß mein ganzes Vermögen bis auf den letzten Pfennig dahin sei ohne Hoffnung auch nur das kleinste Partickelchen davon retten zu können. Zu der Schwere des materiellen Verlustes trat das tief Schmerzliche der näheren Umstände; der, dem ich die Verwaltung anvertraut, war einer meiner nächsten Verwandten, mit dem ich wie mit einem älteren Bruder zusammen aufgewachsen, und doch hat er mich, wie viele andere, die ihn für einen fleckenlosen Ehrenmann hielten, um Alles betrogen".



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