24.08.2022 16:20
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Albert de Boor (1852-1945)

Albert de Boor
      Claus
de Boor
1819-1890
oo Amalie
Siemsen
1822-1908
     
        |        
              Hermann

1848-1889
N.N.

1850-1850
Albert
de Boor

1852-1945
oo Emma
Mommsen
1857-1943
                     
          |      
    Hans
Adolf
1882-1954
Hermann

1883-1883
Friedrich

1884-1898
Hans
Otto
1886-1956
Elisabeth

1889-1970
   
Claus Albert de Boor, * 17.08.1852 in Hamburg, † 11.08.1945 in Schleswig. Dr. phil., Geh. Archivrat und Direktor des Preußischen Staatsarchivs in Schleswig. Sohn des Juristen Dr. Claus de Boor und der Senatorentochter Amalie, geb. Siemsen (T. d. Peter Siemsen).

Das dritte Kind von Claus und Amalie de Boor kam am 17. August 1852 auf die Welt und wurde drei Tage später in der reformierten Kirche am Valentinskamp durch Prediger Kessler getauft.[1] Seine Kindheit verbrachte er mit dem vier Jahre älteren Bruder in seinem Geburtshaus Raboisen No. 9, ehe die Familie ein Haus auf dem Rotherbaum (Rothenbaum-Chaussee), nahe dem zoologischen Garten, bezog.
Albert de Boor, der zunächst häuslichen Unterricht durch eine Erzieherin bekam, besuchte ab 1862 die private Knabenschule von Dr. Heinrich Schleiden (Schleidensche Schule) und von 1869 die Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums[2], die er 1872 mit der Maturitätsprüfung abschloss. Anschließend begann er ein Studium der Rechtswissenschaft in Bonn[3], unterbrach dies jedoch nach einem Semester um als Einjähriger beim Husaren-Regiment „König Wilhelm I." (1. Rheinisches) Nr. 7 zu dienen.[4]
Nach dem Militärdienst führte er sein Jurastudium an der Universität Freiburg[5] fort, erkrankte aber und entschloss sich schließlich zur Aufgabe, um sich fortan dem Studium der Neueren Kunstgeschichte an der Universität Leipzig[6] zu widmen. Neben Vorlesungen bei Johannes Overbeck (Archäologie), wählte er Anton Springer (Kunstgeschichte) zu seinen Lehrern. Als dieser im Sommersemester 1875 sein Lehramt niederlegen musste, reifte in Albert der Gedanke das Studium ganz aufzugeben und als Beruf den Buchhandel zu ergreifen. Er erhielt einen Volontärposten in der Lengfeld'schen Buchhandlung in Köln - fand dabei aber nicht die erhoffte Erfüllung und erkannte, was er durch Aufgabe des Studiums verloren hatte.
Nach diesen mehrjährigen Irrungen kehrte er nach Freiburg zurück und begann ein Studium der Geschichte. Im WS 1875/76 trat er in die historischen Seminare von Bernhard Simson (Geschichte der Hohenstaufen) und Hermann Eduard von Holst (Geschichte des 19. Jahrhunderts vom Jahre 1815 an) ein. Letzterer riet ihm aufgrund der geringen bibliothekarischen Hilfsmittel in Freiburg zu einem Wechsel an die Universität Straßburg, wo er ab Herbst 1876 Vorlesungen über Mittelalterliche Geschichte bei Paul Scheffer-Boichorst und Neuere Geschichte bei Hermann Baumgarten besuchte. 1877 wurde Albert de Boor in Straßburg mit der Arbeit „
Beiträge zur Geschichte des Speirer Reichstages vom Jahre 1544" promoviert.[7] Er folgte dem Rat Prof. Baumgartens noch vor Drucklegung seiner Dissertation das Quellenstudium in den Archiven Marburg, Weimar, Braunschweig und Brüssel zu vervollständigen und kehrte anschließend nach Hamburg zurück.

1879 begann Albert de Boor als Hilfsarbeiter am Königl. Staatsarchiv zu Münster (Westphalen), dessen Direktor sich bei Heinrich von Sybel (Direktor der preußischen Staatsarchive in Berlin) für den jungen Historiker eingesetzt hatte. Unter der Aufsicht Roger Wilmans, der ihm in seinen Berichten, „völlige Konzentration auf die ihm gestellte archivarische Aufgabe, mochte sie noch so entsagungsvoll sein, rasches Durchdringen auch verwickelter Fragen, Klarheit in allen Auskünften und peinliche Gewissenhaftigkeit" attestierte[8], fertigte A. de Boor zunächst die Neuverzeichnung größerer Urkundenbestände an. 1882 erfolgte die Ernennung zum Archivsecretär, nachdem er sich im Jahr zuvor mit Emma Mommsen, Tochter des Frankfurter Gymnasialdirektors Tycho Mommsen, verheiratet hatte.

Die unerwartete Versetzung an das erst 1870 entstandene Preußische Staatsarchiv in Schleswig erforderte von dem jungen Archivar nun eine genaue Kenntnis der gesamten Archivalien, da der Schwerpunkt seiner Arbeit in der Verzeichnung der Bestände lag. Unter der Leitung von Georg Hille wuchs die Aktenmenge in jener Zeit sprunghaft an und sowohl Hille als auch de Boor sahen ihre archivarischen Aufgaben in erster Linie in der Erschließung der Bestände und weniger in der Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse.[9]
Besonderen Verdienst erwarb sich Albert de Boor jedoch bei der Neuordnung nach dem damals eingeführten Provenienzprinzip, so konnten die Bestände „in einer nahezu vollendeten Weise für die Benutzung zugänglich gemacht werden, besonders auch durch ganz vortrefflich gearbeitete Register zu den Repertorien."[10]
1892 wurde Dr. phil. A. de Boor zum Archivar 1. Klasse ernannt, 1897 verlieh man ihm den Charakter als Archiv-Rath und 1907 erfolgte schließlich die Erhebung zum Geheimen Archivrat.
Das ehemalige Preuß. Staatsarchiv in Schleswig     
Viele Jahre widmete er sich den Gottorper und Großfürstlichen Archiven, dessen Ordnung zu seiner
Lebensaufgabe wurde - in diesem Zusammenhang erschienen u.a. seine Beiträge: Zur Geschichte der Großfürstlichen Archive in Holstein (1896), Zur Geschichte der Archive der Großfürstlichen Aemter in Holstein (1897) und Geschichte der Holsteinischen Familie von Saldern (1900) in der Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische-Lauenburgische Geschichte.

Nach der Pensionierung des Archivdirektors Hille, 1911, übernahm Albert de Boor in dessen Nachfolge die Leitung des Preußischen Staatsarchivs in Schleswig. [11] In dieser Funktion blieb er auch während den entbehrungsreichen Kriegsjahren, die zudem durch einen eheblichen Mangel an Personal geprägt waren. Hinzu kam die in schlechtem baulichem Zustand befindlichen Räume des Archivgebäudes. Da an diesen Verhältnissen keine Änderung zu erwarten war, reichte er zum 1. Oktober 1918 seine Entlassung in den vorzeitigen Ruhestand ein.
 
 
 
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[1] Taufregister der Deutschen evangelisch-reformierten Gemeinde in Hamburg VBb 18 Seite 148, Nr. 50 / 1852.
Die Paten waren: Frau Senatorin Catharina Amalia Siemsen, Frau Doctorin Johanna Louise de Boor, Jan Siemsen und Herr Etatsrath Peter Lüders in Kiel.
[2] Schülerverzeichnis des Hamburgischen Johanneums. Bibliotheca Johannei. Eintrag Nr. 4064 aus dem Jahr 1868.
[3] Amtliches Verzeichniß des Personals und der Studirenden der Königlichen Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, SS 1872.
[4] Familienarchiv de Boor - Landesarchiv Schleswig Abt. 399.9 Nr. 46. Aufzeichnungen des Archivardirektors Dr. Albert de Boor über seine Jugendzeit.
[5] Universitätsarchiv Freiburg A66/6 Matrikel (Band 6: 1844-1877, Blatt 415v 416r. lfd. Nr. 54).
[6] Universitätsarchiv Leipzig, Abschrift aus der Original-Matrikel. Signatur: Rep. M 29_90658.
[7] „Ende des Sommers reichte ich meine Dissertation ein und bestand im November das Rigorosum. Als Hauptfach galt natürlich neuere Geschichte, als erstes Nebenfach      mittlere, als zweites hatte ich Archäologie gewählt." Familienarchiv de Boor - LASH Abt. 399.9 Nr. 46. Aufzeichnungen des Archivardirektors Dr. Albert de Boor über seine Jugendzeit.
[8] Hoffmann, G. E.: Albert de Boor zum Gedächtnis. In: Der Archivar 6, 1953, S. 60-61.
[9] Vgl. Sarah Schmidt: Archivarbeit im Wandel. Das Beispiel des preußischen Staatsarchivs in Schleswig-Holstein 1870-1947, 2021.
[10] Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Band 53, S. 318.
[11] Bestallung als Archivdirektor für den Archivar, Geheimen Archivrat Dr. phil. Albert de Boor. Familienarchiv de Boor - Landesarchiv Schleswig Abt. 399.9 Nr. 47.



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