22.09.2018 10:32 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Andreas de Boor (1702-1771) |
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Andreas de Boor, * 29.07.1702 in Hanau, † 01.01.1771 in Nieder-Eschbach. Sohn des Joh. Peter de Boor (auch Debor, Debohr oder Deboor), Hanauer Walkmüller und der Johanna Maria Gruber (T. des Michael Gruber). Erlernte den Beruf des Vaters und arbeitete auf verschiedenen Mühlen im Maingebiet. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Der erste Sohn wurde am 2. August Anno 1702 in der hochdeutsch reformierten Kirche zu Hanau getauft. Als Paten reisten Andreas Götz und dessen Frau aus Bonames (bei Frankfurt) an. Der Eintrag im Taufbuch[1] lautet: 292. Eodem, gebohren d 29. Julÿ. 1702. Der Vatter Peter Debohr, Walk= Müller allhier. Die Mutter, Johanna Maria. Das Kind, Andreas. Gevattern, Mr. Andreas Götz, bier= brauer zu Bommes [Bonames] u dessen Frau Maria Elisabetha. Als „ein Hanauisch und in der andern Walk Mühle dahier erzogen- und gebohrnes Kind"[2] bekommt er bereits früh Einblick in die Arbeit seines Vaters, der - wie schon der verstorbene Großvater zuvor - als hiesiger Meister die Tücher und Stoffe der Strumpfstricker, Leinenweber, Färber und Tuchmacher in der Walkmühle bearbeitet. Andreas verbringt die Kindheit auf der Mühle in der Haingasse, die seine Eltern 1706 durch Aufnahme von Schulden erworben haben. Die Hypothek erweist sich als zu hoch und die Familie ringt jahrelang um ihre Existenz. Wegen rückständiger Zahlungen bittet der Vater um Geduld, „anders währe er mit seinen 6 Kindern ein verdorbner Mann"[3]. Letztlich kann er nicht verhindern, dass die Mühle öffentlich versteigert wird. Als Peter de Boor unerwartet stirbt, zieht die Witwe mit den Kindern aus Hanau fort und lässt sich in oder nahe Stockstadt auf Kurmainzer Gebiet nieder, wo sie 1724 auf einer Mühle des Grafen von Schönborn ihr Auskommen finden. Es scheint aber, als sei Andreas weiterhin auf Hanauer Gebiet tätig, denn einige Jahre später gerät er mit der dortigen Obrigkeit aneinander. Ein Beschwerde gegen den Walker Debor vom 24. Oktober 1731 bezieht sich, wie aus den Aktenstücken hervorgeht, auf Andreas Thebor, Andreas du Bois von Stockstadt „untersteht sich" zu behaupten, dass er 1 Loch Tuch in 12 Stunden walken könne, während die Hanauer Meister bescheinigen, dass man 48 Stunden dazu brauche.[4] Aus den Akten ergibt sich später der Hinweis, dass der Walker Andreas Debohr am 27.07.1733 eine Mühle zu Stockstadt gekauft habe und dadurch die Stelle des herrschaftlichen Walkmüllers frei und nun zu besetzen sei.[5] Andreas war - wie auch alle seine in Stockstadt und Umgebung lebenden Geschwister - inzwischen verheiratet und hatte in dem kleinen Städtchen am Main 1732 eine Tochter taufen lassen. Während die Geschwister in der Gegend heimisch wurden und die Mühle über Generationen in Familienbesitz blieb (heute Deborsmühle genannt), zog es Andreas bald wieder fort. Zunächst ließ er sich im benachbarten Amt Babenhausen nieder. In einem Anzeige- und Bitt-Memorial vom März 1739 berichtet er der Hochfürstlichen Renth Cammer in Hanau von seiner augenblicklichen Situation. Seiner Hochfürstlichen Excellenz „ist leider! mehr als zu bekant, wasgestalten ich nicht allein durch den Mühl-Bau zu Babenhausen in einige Schulden gerathen, sondern mir auch nach vollendeten Bau von denen andren Müllern, in diesem Amt so viele Verdrüßlichkeiten, und Verleumbdungen angethan worden sind, daß ich in gäntzl Abgang meiner Nahrung gekommen, und mir daher ohnumgängl. gemüßiget gesehen die Mühle hinwiederum zu verlaßen und mein Stück Brod anderwerts zu suchen." Er will die in Hanau befindliche herrschaftliche Walkmühle pachten und unterschreibt die Bewerbung mit „Andreas Tebohr, Müller von Babenhausen". Sein Anliegen hat Erfolg - zwei Monate später wird die Hanauer Walkmühle für jährlich 100 Reichstaler an Andreas (Deboir, Tebohr) verliehen. Im Protokoll vom 21. Mai 1739 bezeichnet man ihn als „Müller auf der Wildprets Mühl beÿ Harreshausen".[6] Als Bürgen unterzeichnen drei ortansässige Tuchmacher, die sich damit einen erfahrenen Meister sicherten, denn scheinbar gab es einen Mangel an qualifizierten Walkmüllern. Wie aus einem Bitt-Recessus von 1741 hervorgeht, wurde der Müller in einer benachbarten Mühle „aus erheblichen ursachen abgeschafft" und da die Pächter „aller angewandten Mühe und Sorgfalt ohnerachtet, keinen anderen tüchtigen gelernten Walker bekommen konnten", war der Weiterbetrieb nur unter der Bedingung möglich, dass sich der Nachfolger durch den „Walker Debor, welcher jederzeit von einen geschulten Walker gehalten worden, genügsam unterrichten laßen solle."[7] 1744 bittet Andreas Debor „die in der Hochfürstlich alhiesigen Großen Kintzig-Mühl befindliche Walk-Mühle wieder auff Vier Jahr zubestehen, und die selbe sowohl dem Herrschaftl. Interessen - alß auch denen hiesigen Städten zum besten zu gebrauchen."[8] Zudem will er in dem Gebäude auch eine Papiermühle einrichten. Man prüft das Ansinnen, kommt aber wohl letztlich zu einem negativen Ergebnis, da die Achse des Mühlrades schon die Walk- und Ölmühle antreibt und einen möglichen Verkauf der Walkmühle erschweren würde. Zudem, so führt der Bauschreiber Coester an, gäbe es bereits sehr viele Papiermühlen um die Grafschaft Hanau. Offensichtlich kam es nicht mehr zu der gewünschten Pachtverlängerung, denn unser Vorfahre zog 1744 zunächst nach Niederursel bei Frankfurt und siedelte anschließend nach Bonames über, wo er sich bis 1755 aufhielt. Dort starb vermutlich auch die Ehefrau Catharina. Im benachbarten Nieder-Eschbach findet sich in der Bürgermeisterrechnung[9] des Jahres 1755 die Zahlung des Beÿsassen Andreas Debor in Höhe von 1 Gulden und 15 Albus. Der Geldzahlung vorausgegangen war der Umzug in das Dorf Nieder-Eschbach, denn wie dem Eintrag im dortigen Kirchenbuch vom 23. Mai 1755 zu entnehmen ist: „Wurde in der oefentl. bät=stunde Andreas Debor Einwohner zu bonames mit Susanna hiesig unterthans Roth Tochter nach 3 maliger proclamation ordentl. copuliert".[10] Aus dieser 2. Ehe mit Susanna Roth entstammen noch zwei weitere Kinder, die gemeinsam mit der schon älteren Tochter Anna Maria den Hausstand im Dorf Nieder-Eschbach bildeten. Andreas Debor selbst starb - dem Eintrag im Kirchenbuch zufolge - am Neujahrstag des Jahres 1771 (morgens zwischen 2 und 3 Uhr) und wurde am 04.01.1771 begraben.[11] |
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________ [1] Stadtarchiv Hanau, 8. Taufbuch der Marienkirche 1691-1708, Nr. 292, Jahrg. 1702. [2] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Anzeige- und Bitt-Memorial des Andreas Tebohr, 1739. [3] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Protokoll der Rentkammer, 1712. [4] Aufzeichnungen von Werner de Boor nach Durchsicht der Marburger Akten im Jahr 1939. [5] Ebd. [6] Das Alphabetisches Verzeichnis der Wohnplätze im Grossherzogthum Hessen, herausgegeben von der Grossherzoglichen Centralstelle für die Landesstatistik (1869), lässt vermuten, dass die Wildprets-Mühle (Wilperts-Mühle) an der Gersprenz in unmittelbare Nähe oder aber an derselben Stelle stand, wo später eine Papiermühle, bzw. eine Pappdeckelfabrik erbaut wurde. [7] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Bitt-Recessus das auswärtige Walken betrf., 1741. [8] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Bitt-Recessus Andreas Debor, 1744. [9] Aufgeführt in den Bürgermeisterrechnungen 1755 "Einnahmegeld von Beÿsassen". Gemeindearchiv Nieder-Eschbach. Freundliche Mitteilung des Heimat- und Geschichtsvereins Nieder-Eschbach an ref. Dr. Sibylle Nagel. [10] Kirchenbuch der evangelischen Pfarrei Niedereschbach (aus der vormals reformierten Gemeinde) vom Jahre 1708 bis zum Jahre 1799. Jahr 1755, Seite 12. [11] dito, Jahr 1771, ohne Seitenangabe. |
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© Ulrich A. de Boor 2015 |