03.06.2022 16:25 | |||
Peter de Boor (1678-172?) |
|||
Johann Peter de Boor, * 15.10.1678 in Hanau, † ??.??.1723/24 ebd., Walkmüller in Hanau. Sohn des Walkmüllers Jacob de Boor (auch du Bord, de/du Boir, de/du Bour, du bort/d oder Debohr). 1700 Heirat mit Johanna Maria, geb. Gruber, Tochter des Leinenwebers Michael Gruber. | |||
„Pierre du bord, fils de Jaques du bord, et de Marie Bouchi sa femme", lautet der Anfang des Taufeintrages, den der franz. Pfarrer der Wallonischen Gemeinde in Hanau für den 21. Oktober des Jahres 1678 im Taufbuch[1] notierte. Für den Vater des Jungen, einst aus der französischsprachigen Schweiz eingewandert und dessen Ehefrau Maria, Tochter eines Walkmüllers, ist es das 3. Kind. Die Familie lebte im Umfeld reformierter Glaubensanhänger, von denen viele als Färber, Tuchmacher oder Weber in der Textilverarbeitung tätig waren - so auch Peters Vater, der als Walkmüller sein Geld verdiente. Schon früh lernte der Junge die Arbeit auf einer Walkmühle kennen und folglich fand auch er - wie schon sein Großvater - seinen Broterwerb auf einer Mühle. Als Peter am 12. Februar 1700 die Tochter eines Leinenwebers heiratet[2] und nur sieben Monate später das erste Kind mit Namen Sara taufen lässt, ist es die Tochter des Mühlenbesitzers und Arbeitgebers, die als Patin fungiert. Frantz (Francois) Pardick[3] (auch Bardick oder Pardicq) hatte die in der Haingasse gelegene Walkmühle 1699 von seinem Schwager M. Hestermann übernommen und war als Kaufmann und Ratsherr der Hanauer Neustadt ein angesehener Mann. Kurz vor seinem Tod verkaufte er die Mühle an den „Meister Peter de Boor Walker in d. Haingaßen alhier" für 1500 Gulden.[4] Da der junge Familienvater jedoch nicht den gesamten Betrag aufbringen konnte, verschuldete er sich, zahlte zunächst nur 400 fl an und verpflichtete sich die Hypothek mit einer Zahlung von jährlich 100 Gulden nebst Zinsen abzutragen. Doch nur wenige Jahre später kommt der Walkmüller mit den ausstehenden Zahlungen in Verzug. Als Gläubiger trat nach dem Tod des Vorbesitzers (1707) Johann Daniel Varlut ein, der als Vormund der Pardickschen Kinder alsbald einen Advokaten beauftragte. Es gelang Peter einen Aufschub zu erwirken, doch im März 1712 soll die Mühle öffentlich versteigert werden. Um das drohende Unheil abzuwenden zahlt Peter 110 fl an den Gläubiger und bittet erneut um Geduld: |
|||
"Demnach obgemalte Walckmühl den 15. Marti hat sollen verkaufft werden so hat dati de Boor durch verschiedene seiner Freunden Anständig bitten laßen, Mann solte doch noch ½ Jahr mit Ihmo in gedult stehen" |
|||
Aber auch diese Gnadenfrist verstrich offensichtlich, ohne dass Peter für die fälligen Zinsen aufkam: „Weylen dati de Boor seiner verspechnung keine vergnügung gethan, auch bey ihmo nichts zu Hoffen ist", soll die Mühle nun im Frühjahr des Jahres 1713 endgültig öffentlich versteigert werden.[5] Er richtet sodann eine eigenhändige Bittschrift in dieser Sache an die Kammer des Grafen. Hier unterschreibt er selbst als Peter de Bois Walker in der Hayngaße. Doch der Hochgräfliche Regierungs-Rath und Schultheiß der Hanauer Neustadt, Statius Philipp Schmid, setzt die Versteigerung nunmehr endgültig am 6 April 1713 fest. Bei der Versteigerung bietet Peter mit, im Protokoll Peter Deboir geschrieben. Er überbietet alle anderen, erhält aber unter ausführlicher Begründung den Zuschlag nicht. Neuer Eigentümer wird stattdessen der Schaffner auf dem Ordenshaus in Rüdigheim Johann Jakob Neuburger. Es scheint aber, als sei er weiter auf der Walkmühle geblieben, 1715 handelt er - inzwischen Bürger der Hanauer Altstadt - mit J. J. Neuburger einen Erbleihebrief aus, der am 08. März 1718 nochmals um 3 Jahre verlängert wurde. Doch noch vor Ablauf des Vertrages verkaufte der Besitzer die Mühle im Dezember 1720 an den Hanauer Bäcker Nicolaus Scherer, der sich schon wenige Tage später auf der Rentkammer über den Auszug des bisherigen Pächters beschwert, da er zu der „Mühle gehörige Stücke theils mit hinweg genommen; theils aber verwüstet und weggebracht" habe.[6] Peter wird zu Protokoll vernommen, entkräftet bei der Vernehmung aber die Vorwürfe. Aus einer erneuten Beschwerde des Walkmüllers Nicolaus Scherer vom Februar 1724 erfahren wir, dass auch Peters Mutter oder Schwiegermutter in der Hanauer Altstadt lebt und die Familie weiterhin dem Gewerbe eines Walkmüllers nachgeht. Offenbar wird die Mühle in der Hayngasse von den hiesigen Tuchmachern gemieden, denn wie aus Scherers Bitt-Recessus[7] zu entnehmen ist, werden die Tücher zum walken nach Stockstadt gebracht. Und „Peter de Bors Tochter so beÿ Ihrer Großmutter hier in der Altstadt sitzet, in beiden Städten auß= und ab= und so gar denen Tuchmachern in die Häußer gehet und alles zusammen auß der Stadt hinaus schleppet, wodurch gnädigster Hoher Herrschafft das Lochgeld ab= mir und den Meinigen aber die Nahrung platter dings gäntzlich entgehet." Die Hanauer Tuchmacherzunft war mit der Arbeit des hiesigen Walkmüllers in höchstem Maße unzufrieden und vertraute daher der erfahrenden Walkerfamilie de Boor ihre Tücher an, die nahe Stockstadt (an der Gersprenz) eine Mühle des Grafen Schönborn übernommen hatte. Ob Peter de Boor den Umzug noch erlebt hat oder sein Tod der Grund war, ist ungeklärt. Einen Hinweis über sein Ableben konnte bisher nicht gefunden werden. |
|||
|
|||
________ [1] Erstes Taufbuch der Wallonischen Gemeinde Hanau (1593-1736), Eintrag des Jahres 1678, Stadtarchiv Hanau. [2] Im 5. Traubuch (1687-1731) der hochdeutsch reformierten Kirche in Hanau wurde bei der Heirat des Walkmüllers Peter Dubor im Jahr 1700 notiert: "weyl: Henrich Dubors, geweßener walkmüller all hier, hindter laßener Sohn". Der Widerspruch zur Angabe des Vaters konnte bisher nicht geklärt werden. Hinreichend belegt ist jedoch, dass dieser Peter später Besitzer der Walkmühle in der Hayngasse wurde. [3] Frantz [Francois] Pardick (auch Bardick oder Pardicq) (1642-1707), Kaufmann und Ratsherr der Neustadt Hanau. Seit 1680 in zweiter Ehe mit Elisabeth Varlut verheiratet. Er erwarb 1699 die von seinem Schwager Matthias (Mathieu, Matheus) Hestermann (1652-1716) erbaute Mühle in der Haingasse. [4] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Nach dem Protokoll der Rentkammer erfolgte der Kauf der Mühle am 27. August 1706. [5] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Aktennotiz vom 25.11.1712 und Decretum Hanau d 6 t Marti 1713. [6] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Actum 4 t. January 1721. [7] Hessisches Staatsarchiv Marburg, 85 Hanauer Kammer, XII Nr. 19. Recessus vom 21. t Feb: 1724. |
|||
© Ulrich A. de Boor 2015 |