10.07.2016 12:00 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maria Elisabeth de Boor, geb. Timmermann (1746-1810) |
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Maria Elisabeth de Boor, geb. Timmermann, * 04.07.1746 in Hamburg, † 13.04.1810 in Hamburg. Bildnis- und Miniaturmalerin. Tochter des Jochim Timmermann, Hamburger Weinhändler und der Elisabeth, geb. Negenborn (T. d. Johan Daniel Negenborn). | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maria Elisabeth war das sechste Kind des Jochim Timmermann, einem angesehenen Kaufmann und Weinmakler aus Hamburg. Durch das Vermögen des Vaters wohlbehütet, erfuhr sie schon in früher Kindheit den Umgang mit der Musik, Malerei und Kunst. Im Alter von elf Jahren zeichnete Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722-1789) sie erstmals im Miniaturporträt, 1758 folgte das Familienbild auf der Loggia des elterlichen Hauses. Die dargestellte Szene einer wohlhabenden Bürgerfamilie bei der Kaffee- oder Teezeremonie, begleitet durch das Musizieren am Spinett und Cello, die Unterhaltung der beiden älteren Herren und der lesende Knabe deuten auf ein neues aufgeklärtes Selbstverständnis hin. „Familiensinn, Häuslichkeit, eheliche sowie Eltern- und Kinderliebe als familiäre Werte und Inbegriff bürgerlicher Tugenden sind hier zum Ausdruck gebracht.“[1] Auch Jahrzehnte später wurde im Hause der Familie immer wieder „Conzert gegeben“ und begleitet von Klavier und Gitarre gesungen.[2] Das unbeschwerte Leben der Elisabeth und ihrer fünf Geschwister auf dem Anwesen endete jedoch 2 Jahre später, als die Mutter schwer erkrankte und schließlich 10 Monate später, am Neujahrstag des Jahres 1761, starb. Als Elisabeth im heiratsfähigen Alter war, fiel die Wahl auf Johann Abrahm de Boor, dessen Vater - wie auch Jochim Timmmermann - seit Jahrzehnten Mitglied im Amt der Weinverlasser und Faßbinder war. Als Nachfahre einer Flüchtlingsfamilie reformierten Glaubens kam der Sohn im 7jährigen Krieg zu einem Vermögen und war nun im Begriff den Weinhandel des Vaters zu übernehmen. Das Aufgebot erfolgte zwar noch in der ref. Gemeinde, doch notierte der Pfarrer im Traubuch[3] bereits den Hinweis auf eine lutherische Hochzeit. Die Trauung des Johann Abraham de Boor mit der Jungfrau Maria Elisabeth Timmermann, am 19. November 1766, fand in der evang.-luth. Kirche St. Nicolai[4] statt und nicht in der reformierten Gemeinde. Sie wohnten demzufolge im Kirchspiel St. Nikolai, zu dem auch der Rödingsmarkt gehörte, wo Johann Abraham eine Weinhandlung betrieb und vermutlich auch schon sein Vater ansässig war. In den folgenden Jahren bekamen sie 4 Kinder: 1768 Johanna Cornelia, 1770 Wilhelmine (sie verstarb noch im selben Jahr), 1772 Cecilia Charlotte und 1776 den wohl ersehnten Sohn, der den Namen Carl Friedrich erhielt. Fand die Hochzeit noch im Kirchspiel St. Nicolai statt, wurde die Taufe des Letztgeborenen in der Kirche St. Michaelis – in der Hamburger Neustadt – vollzogen. Es scheint daher, dass die Familie sich nach einer größeren Wohnung umgesehen hatte und deshalb in das Haus bei den Kohlhöfen No. 66 zog. Während der Ehemann mit der Weinhandlung „Unglück hatte" bzw. „unglückliche Geschäfte" machte und sich in Folge dessen eine Anstellung bei dem Handelshaus Caspar Voght & Co. verschaffte, hatten sich für Elisabeth ganz neue künstlerische Möglichkeiten eröffnet. Der Hamburgische Correspondent berichtet in seiner Ausgabe Nr. 178 des Jahres 1780: „Die Maler= und Bildhauer=Akademie zu Cassel hat in ihrer letzten Herbstversammlung die Frau M. E. de Boor zu Hamburg, wegen ihrer Kunst im Miniaturmalen, unter die Zahl ihrer Ehrenmitglieder aufgenommen." Um ihre Fähigkeiten noch weiter zu verbessern, war sie in das mehr als 300 km entfernte Cassel gereist und hatte den - in bestimmten Klassen auch für Frauen zugänglichen - Unterricht der Akademie besucht. Wie die meisten Frauenzimmer nahm sie vermutlich auch Privatstunden in der Werkstatt von Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722-1789), dessen Lehrtätigkeit an der Kunstakademie große Beachtung fand.[5] Bei dieser Gelegenheit schuf der Meister die Porträts[6] der „Frau de Boor" und ihres Mannes, das ihn mit einer gepuderten Perücke, in dunkelgrauem Rock und Weste mit weißer Halsbinde und Jabot zeigt. In dieser Zeit ist auch ihr Besuch im Museum Fridericianum belegt, als sie sich im August 1781 in das ausgelegten Fremdenbuch[7] entrug, wo sich Jahre zuvor schon der Ehemann verewigte. 1783 reiste Joh. Abraham de Boor im Auftrag des Hamburger Senats nach Nordamerika, um dem Präsidenten die offiziellen Glückwünsche zur Unabhängigkeit zu überbringen und der Regierung die Vorteile für den Handel zwischen Hamburg und den USA zu unterbreiten. Die Trennung von ihrem Ehemann wird annähernd zwei Jahre gedauert haben. Eine Zeit in der Elisabeth die Verbindungen mit der Hamburger Gesellschaft erneuerte u. a. mit dem Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803).
Hamburg galt zwar von jeher als bedeutender Ort des Kunsthandels, die für die Anfertigung der Gemälde notwendigen Utensilien waren aber offensichtlich nur in geringem Umfang und Qualität erhältlich. Zu jener Zeit waren Paris oder Amsterdam Zentren einer Vielzahl von Künstlern. „Man sagt mir, daß jezt 50 deutsche Künstler in Paris zum studieren sich aufhalten sollen", schrieb die Mutter an ihren in Paris verweilenden Sohn und dessen Schwester notierte weiter aus dem fernen Hamburg: „Tischbein hat uns gesagt daß in Paris alle Arten von Pinsel zum Öhlmahlen vorzüglich gut zu bekommen wären. Du würdest Mutter sehr erfreuen wenn du ihr, neben dem Venetianischen Lack, von jeder Gattung Pinsel einen kleinen Vorrath mitbrächtest." Aber auch die notwendige Leinwand für die Bilder blieb nicht unerwähnt: „Mutter läßt dir sagen, wenn du das Tuch zum mahlen, so breit wie sie es gewünscht nicht erjagen köntest, möchtest du es nur in der Breite von fünf Virtel nehmen."[12] Die Anzahl ihrer geschaffenen Werke lässt sich heute nicht mehr ermitteln, zumal sie als Frau und trotz ihres zweifellos vorhandenen Talents und der ihr gewährten Anerkennung nur bedingt als Künstlerin angesehen wurde. In der Gesellschaft „galt für die weibliche Bevölkerung nahezu jede über die häusliche Verpflichtungen hinausgehende Betätigung als anstößig - auch die der Malerei."[13] Sie war eine im wahrsten Sinne und bereits zu Lebzeiten häufig bezeichnete Liebhaberin der Kunst; die in ihrem Besitz befindlichen Bilder hatte sie in ihrem Testament vorsorglich für ihren einzigen Sohn bestimmt. Carl Friedrich de Boor sollte nicht nur „alles übrige an hölzerne und metallene Hausgeräthe" erhalten, sondern auch „meine Gemälde und Kunst=Sachen". Nach dem Tode des Joh. Abraham de Boor 1799, heiratete die Witwe am 20. Okt. 1801[14], schon über 55 Jahre alt, den langjährigen Freund und Paten ihrer Kinder Friedrich Gerhard Vogel (1738-1814). Sie selbst starb am 13. April 1810; fünf Tage später fand in der St. Michaeliskirche die Beerdigung statt. Über die Begräbnisstätte heißt es im Leichenbuch: „Große Kirche im eigenen Grab".[15] |
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________ [1] FLOHR, Anna-Charlotte: Johann Heinrich Tischbein d.Ä. (1722-1789) als Porträtmaler mit einem kritischen Werkverzeichnis. München, 1997. In tuduv-Studien: Reihe Kunstgeschichte; Bd. 77, S. 91. [2] Familienarchiv de Boor - Landesarchiv Schleswig Abt. 399.9 Nr. 21. Briefe des Dr. Carl Friedrich de Boor aus Paris an seine Schwester Lotte u.a. mit Gegenbriefen Lottes 1802-1803. [3] StA Hbg, 521-4 Deutsch-Evangelisch-Reformierte Gemeinde, V D 4a, Traubücher 1688-1815, 1766, S. 194. [4] Trauregister der ev.-luth. Kirche St. Nicolai, Jahrgang 1766, Blatt 129. [5] "Um sich noch weiter auszubilden, reiste sie sogar nach Cassel zu meinem Onkel." in: TISCHBEIN, Wilhelm: Aus meinem Leben. Dr. Carl Schiller (Hg.). Erster Band. Braunschweig 1861, S. 80. [6] Die Gemälde wurden 2012 und 2014 im Ausland erworben und befinden sich wieder in Familienbesitz, z.Z. im Museum für Hamburgische Geschichte. [7] Das Besucherbuch von Kunsthaus und Museum Fridericianum in Kassel. Auf S. 166 der Eintrag am 24. oder 25.08.1781: "Mar. Eli. de Boor aus Hamburg". [8] Stammbuch des Johann Valentin Meyer, Museum für Hamburgische Geschichte. [9] HÜBBE, Karl Johann Heinrich: Ansichten der freien Hansestadt und ihrer Umgebung, Band 1, S. 108; 1824. [10] Klopstock war einige Wochen zuvor gestorben - Anlass war aber die von der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe veranstalteten sechsten Ausstellung von Kunstwerken, nützlichen Erfindungen und Arbeiten, von Künstlern und Kunstarbeitern der drei Hansestädte Lübeck, Bremen und Hamburg. [11] Morgenblatt für gebildete Stände, Nro. 175, Mittwoch, 23. July 1817. [12] Familienarchiv de Boor - Landesarchiv Schleswig Abt. 399.9 Nr. 21. Briefe des Dr. Carl Friedrich de Boor aus Paris an seine Schwester Lotte u.a. mit Gegenbriefen Lottes 1802-1803. [13] aufgedeckt. Malerinnen im Umfeld Tischbeins und der Kasseler Kunstakademie 1777-1830. Herausgegeben von Martina Sitt anlässlich der vorgenannten Ausstellung. Darin der Beitrag: Urteile durch die Jahrhunderte von Jasmin Trächter. [14] Auszug aus dem Trauregister der evang.-luth. Kirche St. Nicolai in Hamburg 1801. [15] Staatsarchiv Hamburg, 512-7 St. Michaeliskirche, Nr. E 3 Leichenbuch 1801-1811. |
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© Ulrich A. de Boor 2015 |